Bewertung geopfalz Projekt Rheinauen

Die bINe ist eine Bürgerenergiegenossenschaft, die gemäß ihrer Satzung die Interessen der Bürger vertritt und die Verwendung erneuerbarer Energien zur Energieversorgung in der Vorderpfalz fördert und gestaltet. In diesem Sinne haben wir das Projekt der geopfalz zur Tiefengeothemie bei Waldsee im Detail geprüft.

Wir wollen einen sachlichen Diskurs zum Thema führen, Vor- und Nachteile gegenüberstellen und dann die beste Lösung erzielen. Um Informationen aus erster Hand zu erhalten, hatten wir Frau Weihermüller und Herrn Uhde nach Römerberg eingeladen. Dort stellten sich die Geschäftsführer der geopfalz den kritischen Fragen unseres Kernteam. Die Veranstaltung dauerte knapp 3 Stunden und hat uns davon überzeugt, dass sowohl die Überwachung während der Bohrphase und des Betriebes der Anlage als auch die möglichen Risiken von der geopfalz sehr ernst genommen werden. 

Projektbeschreibung

Mit der Wärme aus der Tiefengeothemie soll die bisherige Versorgung der Stadt Speyer mit Fernwärme von fossiler auf erneuerbare Energie umgestellt werden. Außerdem soll in Schifferstadt ein Fernwärmenetz für Neubauten mit geringeren Vorlauftemperaturen wie bei der klassischen Fernwärme errichtet werden. Heutige Neubauten sind auf Grund der Bauvorschriften so gut gedämmt, dass die Fernwärmeversorgung mit wesentlich geringeren Vorlauftemperaturen und damit günstiger erfolgen kann. Die Fernwärmenetze werden von den örtlichen Netzversorgern (Stadtwerke Speyer und Stadtwerke Schifferstadt) betrieben. Die geopfalz baut und betreibt die Tiefengeothermie und überträgt die erzeugte Wärme zentral an die Betreiber der Fernwärmenetze.

Geplanter Ort

Der ursprünglich von der Gemeinde Waldsee vorgeschlagene Ort für die Bohrung hat sich als ungeeignet herausgestellt. Nach Aussage der geopfalz würden aber mehrere Alternativen zur Verfügung stehen.

Geplantes Bohrverfahren

Die Bohrungen zur Tiefengeothermie in einer Tiefe von ca. 3.500 m erfolgt mit Bohrverfahren, wie sie schon seit langer Zeit für Öl- und Gasbohrungen verwendet werden. Dabei verzweigen die Bohrungen in der Tiefe in mehrere Äste, um eine hohe Förderrate und geringe Druckunterschiede an den Entnahmestellen zu gewährleisten. Ein Aufbrechen des Gesteins in der Tiefe, um die Förderrate zu erhöhen (wie beim Fracking üblich), ist nicht vorgesehen und in Deutschland auch nicht erlaubt. Für die Abdichtung des Bohrloches werden hochwertige Materialien verwendet und die Abdichtfunktion der Bohrungen ständig durch unabhängige Sachverständige überwacht. Dieses Bohrverfahren ist kein Forschungsprojekt und keine neue Technik.

Weitere Informationen zum Bohrverfahren finden sich auf der Seite zur allgemeinen Geothermie.

Reduzierung der geologischen Risiken / Erdbeben

Zur Ermittlung von Erdbewegungen, die durch die Tiefengeothermie erzeugt werden können, werden vor Beginn der Bohrungen Sensoren (Geophone) an der Oberfläche installiert. Diese können sowohl die natürlichen Erdbewegungen als auch die Erdbewegungen durch die Tiefengeothermie erfassen. Diese Messungen sollen ebenfalls durch unabhängige Sachverständige überwacht werden.

Um die Genauigkeit der Sensoren an der Oberfläche zu verbessern, werden bei diesem Projekt im Rahmen eines Forschungsvorhaben erstmals Sensoren zur Messung von kleinsten Erdbewegungen bei den Bohrungen in der Tiefe installiert. Diese Sensoren können sehr genau die Erdbewegungen vor Ort ermitteln. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden dazu verwendet, um die Genauigkeit der Sensoren an der Oberfläche zu verbessern und mit deren Messungen die Ereignisse in der Tiefe besser orten zu können. Durch diese aufwändige Messtechnik können schon geringste Erschütterungen erfasst werden. Dies betrifft sowohl solche natürlicher Art als auch durch die Bohrung ausgelöste. Nachfolgende Bohrungen können dann entsprechend modifiziert werden, um die Erdbewegungen möglichst gering zu halten.

Warum es durch Geothermie heute seltener zu Erdbeben kommt und Erfahrungswerte aus Bruchsal finden sich auf der Seite zur allgemeinen Geothermie.

Versicherung – was passiert bei Schäden

Bei der Versicherung von Bergwerkstätigkeiten gilt eine Beweisumkehr. Dies bedeutet, dass die ausführende Firma nachweisen muss, dass der geltend gemachte Schaden nicht durch das Projekt verursacht wurde. Die Versicherungssumme der geopfalz für dieses Projekt übersteigt bei weitem die maximale Summe, die jemals zu Schadensbeseitigung im Zusammenhang mit Tiefengeothermie gezahlt wurden. Bei Schäden, die geltend gemacht werden, werden diese von vereidigten Sachverständigen begutachtet.

Es sollte in diesem Zusammenhang auch erwähnt werden, dass im Stadtgebiet von München 14 Geothermieanlagen zur Versorgung der Stadt mit Fernwärme betrieben werden. Diese Anlagen mitten in der Stadt werden schon seit langer Zeit ohne Probleme betrieben.

Energie und Wärmewende

Die Wärmewende ohne Geothermie wäre theoretisch machbar – aber sie würde wichtige Vorteile verschenken und die Energiewende insgesamt erschweren. Dies zählt vor allem für die Wärmeversorgung im Altbestand. Wärme macht über 50 % des Endenergieverbrauchs aus – in Haushalten sogar bis zu 70 %. Der Großteil stammt noch aus fossilen Quellen wie Erdgas und Öl. Ohne Dekarbonisierung des Wärmesektors sind die Klimaziele bis 2045 nicht erreichbar. Die Geothermie ist eine gute und nahezu emissionsarme Technik.

Lithiumgewinnung

Eine Litiumgewinnung ist bei dem geplanten Projekt in Waldsee nicht vorgesehen. Allerdings hat die geopfalz sich die Rechte an der Litiumgewinnung sichern lassen. Es sei laut geopfalz ein allgemein übliches Vorgehen, dass beim Bergrecht in einem Claim alle verfügbaren Schürfrechte beantragt werden. Wenn von Seiten der genehmigenden Behörde allerdings festgestellt wird, dass keine Arbeiten in Richtung Litiumgewinnung erfolgt, so wird dieses Recht wieder entzogen und auf dem freien Markt erneut angeboten.

Litiumgewinnung im industriellen Maßstab wird aktuell in Landau und Insheim durchgeführt. Dort sind 20 Doppelbohrungen geplant, wovon 2 bereits aufgebracht sind und aktuell 6 gebohrt werden. In Waldsee sind lediglich 2 Doppelbohrungen geplant. Für eine industrielle Nutzung ist dies viel zu wenig und daher unrentabel.

Finanzielle Aspekte

Geothermie benötigt eine hohe Anfangsinvestition, hat aber niedrige Betriebskosten, stabile Preise und hohe Umweltfreundlichkeit. Die Betriebskosten sind etwa um die Hälfte günstiger als die heutigen Gasbetriebspreise, für die Zukunft mit steigenden Preisen gerechnet wird.

Bisher können wir uns noch keine abschließende Meinung zur den kompletten finanziellen Aspekten machen. Uns fehlen Details zur Lage, Durchführung, Gebäudebestand etc. . Grundsätzlich sind Geothermieprojekte aber sehr profitabel. Durch unsere Zusammenarbeit wollen wir die Menschen am finanziellen Erfolg beteiligen, was wiederum indirekt deren Heizkosten reduziert.

Beteiligung vor Ort

Wir wollen erreichen, dass die bINe ein weiterer Gesellschafter der geopfalz wird. So wäre eine umfassende Information der Genossenschaft bezüglich aller auftretenden Probleme und Risiken gewährleistet. Weiterhin könnten sich Bürger/-innen über die bINe finanziell mit mindestens € 100,- (entspricht einem Anteil) am Geothermieprojekt beteiligen. Da die bINe die erste über das BAFA Invest-Programm förderfähige Bürgerenergiegenossenschaft ist, sind auch Beteiligungen mit größeren Summen möglich, die noch einen staatlichen Zuschuss von 15% erhalten! 

Damit können sich alle Bürger/-innen, im Rahmen Ihrer vorhandenen Mittel, an der dezentralen Energiewende in der Vorderpfalz mit Profit beteiligen.

Unsere aktuelle Beurteilung

Aufgrund der oben aufgeführten Punkte kommen wir von der bINe zu dem Schluss, dass das geplante Projekt eine sehr sinnvolle Maßnahme darstellt, um die Versorgung der Region mit regenerativer Wärmeenergie über viele Jahrzehnte sicherzustellen. Sowohl die geplante Ausführung, die Überwachung während der Bohrphase und des Betriebes der Anlage als auch die möglichen Risiken werden nach unserer Einschätzung von der geopfalz sehr ernst genommen. Die vorgesehen Maßnahmen bei der Durchführung des Baus und dem folgenden Betrieb der Anlage sind so umfassend, dass mögliche Schäden weitestgehend vermieden werden könne. Die Tiefengeothermie ist eine sehr zuverlässige Quelle für die Wärmeversorgung insbesondere von älteren dicht bebauten Ortskernen. Dies werden die kommunalen Wärmeplanungen in den Ortsgemeinden aufzeigen, da es an sinnvollen anderen Wärmequellen mangelt.

Kommentar zu den Kritiken

Gerne wollten wir auch mit den Kritikern des Projektes, der Bürgerinitiative gegen Geothermie Waldsee (BIgT), von „Bürger zu Bürger“ ins Gespräch kommen, um deren Argumente zu würdigen. Leider blieben alle Versuche mit der BIgT in Kontakt zu kommen bisher erfolglos. Die bINe ist aber weiterhin offen für ein Gespräch.

Nachfolgend möchten wir auf einige der öffentlich kommunizierten Argumente eingehen.

Der Standort – Mögliche Gefährdung von Natur und Anwohnern
Die Gemeinde hat im ersten Ansatz mit dem Naherholunsgebiet Wolfgangsee / Schlicht einen ungeeigenten Ort für das geopfalz Projekt zugeteilt. In Frage kommen weitere Flächen und wir sollten einen offenen Dialog führen, um deren Vor- und Nachteile zu analysieren.

Risiken ohne unabhängige Prüfung & fehlende Transparenz
Aus diesem Grund möchten wir gemeinsam eine sachliche Debatte führen. Wenn wir uns als Bürger an dem Projekt beteiligen, haben wir auch im laufenden Betrieb Zugang zu allen relevanten Informationen. Uns gegenüber hat die geopfalz sehr offen kommuniziert.

Litiumgewinnung
Es ist keine Litiumgewinnung geplant und wird auch aus ökonomischen Gründen nicht stattfinden. Daher entfällt dieser Kritikpunkt.

Hoher Zeitdruck & unklare Vorteile
Kritisiert wird, dass die Wärmegewinnung nur für Speyer und Schifferstadt vorgesehen ist. Die Behauptung ist so nicht korrekt. Auch die Gemeinden der Verbandsgemeinde Rheinauen können von der Wärme profitieren, wenn ein entsprechendes Nahwärmenetz umgesetzt wird. Verwendet wird hierzu der kühlere Rücklauf aus dem Fernwärmenetz. Da die Temperatur geringer ist, kann ein Nahwärmenetz wesentlich kostengünstiger umgesetzt werden. Heizen ist auch mit dem Rückfluss problemlos möglich.

Lärm, Lichtbelastung
Während der Bohrphase wird die Hauptlärmquelle (eine Zirkulationspumpe) in einem geschlossenen, schallisolierenden Behälter untergebracht. Die Beleuchtungsanordnung (Lichtdesign) wird im Vorfeld so gewählt, dass eine möglichst geringe Belastung der Umgebung während der Bauphase erfolgt. Dennoch ist tagsüber ein erhöhtes Lärmaufkommen, das auf jeder Baustelle entstehen kann, vor allem durch LKW-Verkehr möglich.

Uns fehlt vor allem ein alternativer Vorschlag. Aufgrund steigender Preise für fosile Energien, unsicheren Versorgungslagen und den voranschreitenden Klimaveränderungen verbunden mit extremen Wetter müssen wir für unsere Zukunft handeln. Alles generell abzulehnen ist für uns keine Strategie. Aber auch wir bemühen uns weiterhin verschiedene Technologien gegeneinander abzuwägen.

Zum all diesen Punkten sind wir für alle Betroffenen gesprächsbereit, die an einem inhaltlichen Austausch interessiert sind. Gerne setzten wir uns auch mit weiteren Bedenken auseinander. Wir entwickeln uns ständig weiter und freuen uns über jeden der sich hier aktiv einbringen will. Meldet euch gerne bei uns!